Die Stadtwerke Flensburg versorgen bundesweit eine sechsstellige Kundenanzahl mit Strom und Erdgas und im eigenen Versorgungsnetz mit Strom, Fernwärme und Trinkwasser. Im eigenen Fernwärmenetz an der Flensburger Förde haben die Stadtwerke ca. 19.400 Wärmezähler installiert, die das Unternehmen bereits sehr frühzeitig digitalisiert hat.
In der Wärmeversorgung setzt der Flensburger Wärmeversorger bereits seit den 90er Jahren elektronische Zähler ein und seit den 2000er Jahren verwendet er spezielle Auslesemodule. Bisher werden sie einmal pro Jahr, in Ausnahmefällen monatlich, ausgelesen.
– Dennis Faulhaber, Teamleiter Netzdienstleistungen, Stadtwerke Flensburg GmbH
Die Digitalisierung im Bereich der Zählerdatenerfassung und -verarbeitung bietet eine Vielzahl an Chancen und Herausforderungen für den Versorger. So können die meisten Kundenanfragen zum Thema Verbrauch zuverlässig vom Schreibtisch aus beantwortet werden, da alle Daten zeitnah vorliegen. Zudem können Störfälle kurzfristig erkannt und nachverfolgt werden.
Dennis Faulhaber spricht aus seiner Erfahrung: „Je mehr Daten verfügbar sind, umso genauere Beurteilungen können getroffen werden. Aber: desto schwieriger wird es auch, die „richtigen“ bzw. entscheidenden Daten herauszufiltern.“ Er setzt fort: „Hier ist die technische Unterstützung mithilfe einer entsprechenden Softwarelösung erforderlich, um schnell zuverlässige Aussagen treffen zu können.“ Das haben die Stadtwerke zunächst im kleinen Maßstab getestet.
Etwa 17 km südlich von Flensburg, in der Gemeinde Tarp haben die Stadtwerke im Jahr 2010 ein neues Fernwärmenetz errichtet, das aktuell rund 470 Haushalte mit Fernwärme versorgt. Ein Schritt zur Optimierung der Versorgung war der Aufbau eines Fixed Networks im Jahr 2020. Da es sich um ein junges Leitungssystem einheitlicher Bauart handelt und die Anzahl der Hausanschlüsse überschaubar ist, eignete sich Tarp ideal für den Aufbau eines fixen Netzwerks. Dennis Faulhaber, Teamleiter Netzdienstleistungen, Stadtwerke Flensburg GmbH, sagt, dass hier schnell Erfahrungen gesammelt und Lerneffekte generiert werden können, bevor man ein solches System im größeren Rahmen wie in Flensburg mit mehr als 19.400 Zählern realisieren kann. Hier kommt auch noch erschwerend hinzu, dass das Leitungsnetz in Flensburg seit Ende der 60er Jahre aufgebaut wurde und aus unterschiedlichsten Materialien besteht.
Aber erstmal zurück nach Tarp. Hier haben die Stadtwerke zuerst die örtlichen Rahmenbedingungen wie Gelände, Bebauung, Gebäudetypen und Bepflanzung im Detail analysiert. Auf Basis dieser Analyse wurden Zähler, deren Daten nicht empfangen werden konnten, mit externen Antennen nachgerüstet oder mit NB-IoT komplementiert.
Mehr verfügbare Daten ermöglichen genauerere Einschätzungen
Wichtig für alles ist die passende, leistungsfähige Software. In Tarp kommt das System „Heat Intelligence“ zum Einsatz, mit dem der Wärmeversorger mit einem Klick alle Daten über den Zustand des Netzes, Temperaturschwankungen, Strömungsgeschwindigkeiten etc. erhält. Das war zuvor nicht ohne Weiteres möglich. Vielmehr wäre ohne Systemlösung eine Überprüfung der Hausanschlüsse nur mit erheblichem personellem Aufwand machbar. Und eine komplette Momentaufnahme könnte auch so nicht erstellt werden, da sich der Betriebszustand einer Anlage bereits wieder geändert haben kann, während die nächste betrachtet wird.
Bei der Wahl der Auslesehäufigkeit darf neben den Datenschutzbestimmungen auch die daraus resultierende Datenmenge nicht außer Acht gelassen werden. So rechnet Faulhaber vor, dass nach Einführung eines solchen Systems in Flensburg, bei einer stündlichen Auslesung allein für die Flensburger Fernwärmezähler mehr als 1,5 Mrd. Registerwerte jährlich anfallen würden. Grundsätzlich muss darum vorher klar sein, für welchen Zweck und unter welchen Voraussetzungen Daten erfasst werden sollen, so der Experte. Hier ist genau abzuwägen, wie viele und welche Daten, z.B. für die Netzüberwachung, wirklich erforderlich sind.
Der Mehrwert eines Fixed Networks liegt für Faulhaber klar bei der Netzüberwachung – über die Verteilung von Temperatur, die Ermittlung von Engpässen bis hin zur Möglichkeit, die Betriebssituation zu überprüfen. Ist an den Netzendpunkten noch ausreichend Temperatur verfügbar? Wie sieht es mit den Rücklauftemperaturen aus? Können vorzuhaltende Kapazitäten reduziert werden, wenn die Anlage an der einen oder anderen Stelle noch effizienter wird?
Die Stadtwerke Flensburg eruieren laufend, wo an ihrem Netz noch nachgebessert werden kann, wo Engpässe sind oder wo eine Verstärkung oder auch Redimensionierung erforderlich ist.
Durch die regelmäßige, digitale Auslesung wichtiger Zählerdaten lassen sich auch aus der Ferne bereits Anlagen-/Regelungsfehler erkennen, um frühzeitig gegensteuern zu können.
Auch in Flensburg sollen Trinkwasser-, Wärme- und Stromzähler künftig fernablesbar gemacht werden. Wichtig ist dem Versorger eine gesicherte Interoperabilität, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und nicht angreifbar und unabhängig zu bleiben.
Der Idealzustand wäre für Faulhaber der perfekte Netzbetrieb. Damit gäbe es nur Netzverluste, die physikalisch nicht vermeidbar sind sowie keine unnötigen Wärmeabgaben im Netz. Dazu bedarf es an jeder Stelle richtig dimensionierter Leitungen und guter Isolierungen. Das klingt einfacher als es in der Praxis ist, denn schon durch die Jahreszeiten bedingt sind die Leitungen für den höheren Leistungsbedarf im Winter auszulegen. Sind die Durchflüsse wie im Sommer gering, muss trotzdem gewährleistet sein, dass das Wasser warm beim Verbraucher ankommt, damit es z.B. zu keinem Legionellenbefall im Trinkwasser kommt. Das sind alles Herausforderungen, derer sich die Stadtwerke annehmen werden. Ein wichtiger Schritt zur nötigen Transparenz ist, ihre Zähler in den nächsten Jahren fernauslesbar zu machen.